Sommernachtsfest in Hermatswil
Volkstümliche Unterhaltungsmusik, altes und junges Volk in Festlaune, ein Festzelt der Marke «Eigenkonstruktion», Essen vom Grill und natürlich genügend zu trinken: Der Jungesellenclub Hermatswil-Ravensbühl weiss, was die Gäste von seinem Sommernachtsfest erwarten. Wie jedes Jahr luden die ledigen Burschen der beiden Pfäffiker Aussenwachten Hermatswil und Ravensbühl die Dorfbevölkerung und alle Festfreudigen aus der Umgebung, ein zum Sommernachtsfest auf dem Lande. Und die recht zahlreichen Besucher kamen der Einladung gerne nach, und liessen sich auch vom plötzlich aufkommenden Gewitter, das pünktlich zum Festbeginn einsetzte, die Festlaune nicht verderben. Für die Dorfbevölkerung von Hermatswil, Ravensbühl und den umliegenden Weilern ist das «Junggesellenfest», wie das Sommernachtsfest von den meisten immer noch genannt wird, ein fester Bestandteil des Dorflebens. Vom ergrauten Bauern bis zu den Primarschülern ist das ganze Dorf auf den Beinen, wobei sich vor allem die Jungen darüber freuen, einmal «die ganze Nacht» aufleiben zu dürfen. Für die älteren Semester ist das Fest häufig auch mit Erinnerungen aus der Jungendzeit verbunden, als das Fest der Ausgeh-Höhepunkt des Jahres schlechthin war, und allgemein noch «länger durchgemacht» und «viel mehr auf die Pauke gehauen wurde».
Für die richtig ausgelassene Stimmung sorgen schon seit vielen Jahren in besonderem Masse die „Nacht-Eulen“ der Knabenschaft Maienfeld, welche traditionell vom Jungesellenclub eingeladen werden. Der befreundete Burschen-Verein revanchiert sich dann jeweils mit einer Einladung ans Fest nach Maienfeld. „D’Mayefälder“ waren es auch, die 1973 den Stein des Anstosses zum Sommernachtsfest gaben, wie sich Heinrich Egli, Präsident des Junggesellenclubs, erinnert: „Sie hatten uns schon ein paar Mal zu sich eingeladen, da waren wir schon fast gezwungen, auch mal etwas auf die Beine zu stellen.“ Das Sommernachtsfest, das seit damals jedes Jahr im Juli stattfindet, ist auch der Hauptbestandteil und Höhepunkt der Aktivitäten des Junggesellenclubs. Dieser wurde einst von der jungen Dorfbevölkerung aus Hermatswil und Ravensbühl ins Leben gerufen, um die Kameradschaft zu pflegen, gemeinsam etwas zu unternehmen und nicht zuletzt den Heiratenden angemessen Spalier zu stehen. Mitglieder werden können alle Jungen und Männer ab 16 Jahren aus Hermatswil und Ravensbühl. Der Austritt erfolgt bei Wegzug aus dem Dorf und natürlich bei Heirat und dem Ende des Jungesellen-Lebens.
Die Ursprünge eines Verbundes der Junggesellen in Hermatswil führen allerdings weit bis ins 19. Jahrhundert zurück. Damals waren sie dafür verantwortlich, dass ein auswärtiger Bursche, der ein Mädchen aus dem Dorf heiratete und es zu sich auf den Hof nahm, den Einheimischen Jungesellen den „Anstand“ bezahlte. Also eine Art Entschädigung, für das Wegnehmen eines Mädchens aus dem Dorf. Wurde dieser Anstand nicht bezahlt, sorgten die Junggesellen dafür, dass der fremde Bursche Bekanntschaft mit den umliegenden Gewässern des Dorfes machte, oder sonst seiner Haut nicht mehr ganz sicher sein konnte.
Heute will man zwar die alten Traditionen wieder vermehrt pflegen, sonst ist man aber einfach ein Dorfverein wie der Frauenverein, oder die Schützen. Denn obwohl es unvorstellbar wäre, Mädchen und junge Frauen offiziell in der Verein aufzunehmen, gehören sie ebenso zum Club, sind immer dabei und helfen tatkräftig mit, wenn der Jungesellenclub zum Sommernachtsfest lädt.
Geschrieben von Raphael Brunner